Steph ist langjährige Unterstützerin von branayama, selbst dreifache Gründerin und kein Typ, der lange still steht. Anfang des Jahres haben wir in ihrem neuen Zuhause in West-Berlin vorbeigeschaut, um uns über ihre kommenden Projekte und Ziele zu unterhalten und einen Einblick in ihr Leben als zweifache Mutter zu bekommen. Was uns inspiriert? Stephanie schafft es auf wunderbar unperfekte Weise ihren Hunger nach persönlichem Wachstum zu stillen und ihr Familienleben und Peloton-Workouts unter einen Hut zu bekommen.
Hi Steph, wir freuen uns sehr, dass wir dich für unsere branamama-Interviewreihe gewinnen konnten. Du hast uns dabei geholfen aus unserer Vision von branayama ein tatsächliches Produkt zu machen und du coachst und connectest ständig alle um dich herum. Für Leute, die dich nicht kennen, was sind die drei Worte die dich am besten beschreiben?
Neugierig, aufgeschlossen, ehrgeizig.
Das neue Jahr hat begonnen. Welche Gefühle löst das bei dir aus?
Es gibt mir den Anstoß den Blick nach innen zu richten, das vergangene Jahr zu beurteilen, meine Erfolge zu feiern, aber auch zu prüfen, was ich hätte besser machen können, wo ich klarer, mehr fokussiert hätte sein können. Ich möchte Raum für mehr Akzeptanz schaffen.
Du hast kürzlich zusammen mit deinen Partnerinnen Alina Bassi und Deborah Choi Founderland gegründet. Was ist die Mission dahinter und welche Unterstützung können Women Founder of Color erwarten?
Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht den Erfolg von POC-Gründerinnen in Europa und in UK durch Bildung, gleichberechtigten Zugang zu Kapital und speziellen Praktika zu beschleunigen. Dabei wird es zwei Mal pro Jahr ein spezielles Accelerator-Programm geben, das auf Investments vorbereitet, außerdem werden wir eine intersektionale Community aus Verbündeten, Investoren und Industriepartnern aufbauen, um Gründerinnen zu unterstützen starke Leader zu werden, nachhaltig zu wachsen und Kapital zu beschaffen. Im Rahmen dieses Programms werden Gründerinnen mit den wichtigsten Bedingungen der Kapitalbeschaffung vertraut gemacht, Pitch Decks werden überprüft und besprochen und sie werden sowohl in ihrem Verhandlungsgeschick geschult als auch darin ihre wichtigsten Unternehmensdaten zu kennen und zu verstehen.
Was war deine persönliche Motivation eine Organisation wie Founderland mit zu gründen und wo siehst du dich und dein Team in einem Jahr?
Ich habe beschlossen mich mit meiner Energie auf eine Gruppe von Frauen zu konzentrieren, die Jahr für Jahr weniger als 0,5 % des Risikokapitals erhält. Ich glaube, dass das wächst, worauf wir uns konzentrieren. Deshalb möchte ich meine Bemühungen zielgerichtet einsetzen. Das patriarchalische System ist von Natur aus auf weiße Menschen fixiert. Als weiße Frau weiß ich, dass ich ungerechterweise Privilegien erhalten habe. Ich kann mich nicht bewusst zurücklehnen und diese Privilegien ausnutzen, ohne die am meisten unterrepräsentierte Gruppe zu unterstützen: Schwarze, asiatische und Frauen von ethnischen Minderheiten. Ich bin hier, um zuzuhören, Gehör zu verschaffen und für Frauen einzutreten, die es verdienen im Rampenlicht zu stehen, Fördermittel zu erhalten und Zugang zu Netzwerken zu haben, von denen sie in der Vergangenheit ausgeschlossen waren.
Neben den beruflichen Zielen, die du dir mit Founderland gesetzt hast, hast du auch persönliche Ziele (Spoiler: du hast mir gesagt, dass du bis zum Ende des nächsten Jahres fließend Deutsch sprechen wirst). Wie gehst du bei der Zielsetzung vor und warum ist das wichtig für dich ?
Ich liebe Ziele, dadurch bin ich fokussiert. Ich möchte gesund bleiben, was bedeutet, dass ich mich mindestens an vier Tagen pro Woche in irgendeiner Form körperlich betätige (Peloton-Bike, Yoga, Krafttraining, Laufen im Freien). Für das neue Jahr habe ich mir einen flexiblen Zeitplan erstellt, in dem ich an den meisten Tagen von 8:30 Uhr bis 10 Uhr Zeit für mich habe. Diese Zeit kann ich nutzen, um meinen Tag zu organisieren, ein Buch zu lesen, in Ruhe einen Kaffee zu trinken, Yoga zu machen oder das Haus aufzuräumen. Außerdem möchte ich mich mindestens einmal im Monat mit meinem Mann verabreden. Ich würde gerne bis Ende 2023 fließend Deutsch sprechen (oh, jetzt habe ich es laut gesagt, also bitte zieht mich zur Rechenschaft). Das ist tatsächlich einer meiner Lieblingstipps: Erzähle anderen von einem Ziel, dann bist du eher geneigt es zu erreichen! Was die Herangehensweise angeht, gibt es keine. Ich neige dazu an einen sehr unangenehmen Punkt zu gelangen, der mich dazu bringt mein Verhalten zu überdenken und darüber nachzudenken wie ich das, was mich irritiert, weniger irritierend machen kann.
In den letzten zehn Jahren warst du für die Brandpartnerschaften bei Freunde von Freunden (FVF) verantwortlich, hast zwei eigene Unternehmen gegründet, warst Director of Strategy bei Silicon Allee und hast nun eine gemeinnützige Organisation gegründet: Founderland. Und zwischendurch bist du Mutter von zwei Kindern geworden. Woher kommt deine Lust immer wieder Neues zu lernen und stetig zu wachsen?
Das bin ich schon öfter gefragt worden und ehrlich gesagt weiß ich nicht, woher das kommt. Ich war schon immer sehr aktiv - ein Segen und ein Fluch, denn es ist sehr schwierig mein Gehirn abzuschalten. Manchmal wünschte ich, ich könnte mich mehr entspannen und einfach nur sinnlosen Spaß haben, keinen produktiven Spaß, zu dem ich eher neige. Ich mag es an Projekten zu arbeiten, bei denen ich die Richtung beeinflussen kann, bei denen ich Einfluss habe. Es ist unglaublich befriedigend zu sehen, wie sich Projekte entwickeln und Communities wachsen, an deren Entwicklung ich maßgeblich mitgewirkt habe.
Wie habt ihr euch als Familie aufgestellt und wie stellt ihr sicher, dass alle gleichermaßen wachsen können?
Mein Mann und ich sind 50/50 Partner. Allerdings kümmert er sich mehr um die Kinderbetreuung als ich, weil es ihm mehr Spaß macht und er besser darin ist. Seit der Pandemie wurde seine Arbeit stark zurückgefahren, was für mich ein natürlicher Moment war meine Karriere voranzutreiben. Wir haben das besprochen und es hat für uns beide Sinn gemacht. Wir haben auch eine Babysitterin, die uns an 1-2 Nachmittagen pro Woche aushilft. Aber es gibt auch Wochen, in denen wir keine externe Unterstützung bei der Kinderbetreuung haben. Wir haben keine Familie in Berlin, so dass wir in dieser Hinsicht wirklich auf uns allein gestellt sind.
Du bist ein Vorbild für viele Frauen/Mütter. Kannst du uns in einen normalen Tag mitnehmen?
An den meisten Tagen wachen wir um 6 Uhr morgens auf. Daniel deckt den Tisch und macht Tee und Frühstück für alle. Ich bereite das Mittagessen der Kinder für die Schule und die Kita vor und ziehe sie beide an. Das ist immer ein Gedränge, weil jemand nicht in die Kita oder zur Schule gehen will oder sich die Haare bürsten will, usw. Ich fahre mit dem Fahrrad und bringe Julius zur Kita und Daniel bringt Val zur Schule. Um 8:15 Uhr ist das Haus ruhig und ich bin zu Hause. Ich räume die Küche auf und schaue dann, wann mein erster Termin ist. Wenn es nicht vor 10 Uhr ist, versuche ich auf mein Peloton-Bike zu steigen, und dann setze ich mich in mein Büro und mache mich an die Arbeit. An den meisten Tagen versuche ich meine Anrufe bis 17.30 Uhr zu erledigen, damit ich mit den Kindern zu Abend essen kann. Aber das klappt natürlich nicht immer. Im Idealfall sind die Kinder dann um 18.30 Uhr im Bad und um 19.30 Uhr lesen wir den Kindern eine Geschichte vor und bringen sie ins Bett. Und um 20.30 Uhr bin ich so kaputt, dass ich mich normalerweise eine Stunde lang auf die Couch setze und mich dann ins Bett lege, um ein paar Seiten in einem Buch zu lesen und hoffentlich um 22.30 Uhr einzuschlafen.
Nochmal zu Role-Models: Gibt es jemanden, der oder die dir auf deinem Weg geholfen hat Selbstvertrauen zu gewinnen und die Frau zu werden, die du heute bist?
Meine Mutter. Sie nahm ihr Jurastudium wieder auf als ich 5 Jahre alt war. Meine Urgroßeltern mütterlicherseits waren Einwanderer der ersten Generation, die aus Polen nach Ellis Island, New York, kamen. Meine Großeltern hatten nie eine höhere Ausbildung erhalten, deshalb war es ihnen sehr wichtig, dass ihre Kinder eine bekommen. Als kleines Kind war es schwierig für mich meine Mutter nicht um mich zu haben, sie hat jeden Tag bis spät in die Nacht gearbeitet, sodass ich sie kaum zu Gesicht bekam. Aber jetzt sehe ich welchen Einfluss ihre Beharrlichkeit und ihr Engagement auf mich hatten. Sie war oft die einzige Frau im Raum und wurde Zeuge so vieler Vorurteile und sie hat viele ihrer Frustrationen mit mir geteilt. Sie sagte mir immer, dass man als Frau doppelt so hart arbeiten muss wie ein Mann. Wenn ich jetzt zurückblicke, stelle ich fest, dass dies einen großen Einfluss auf meine heutige Arbeit hat. Wir haben in einer Generation einen langen Weg zurückgelegt, aber es gibt noch so viel zu tun.
Du bist jemand, die mit viel Leidenschaft und Elan an den Aufgaben arbeitest, die du dir vorgenommen hast. Gleichzeitig scheinst du zu wissen, wenn der Moment gekommen ist etwas aufzugeben. Wir funktioniert dein innerer Kompass?
Ich weiß nicht wirklich, wann ich aufhören soll, deshalb versuche ich, der Arbeit und der Familie Grenzen zu setzen. Das hilft mir. Aber meine Kinder sind die Besten. Denn sie beschweren sich, wenn ich nicht da bin und sie mehr von meiner Aufmerksamkeit brauchen. Ich sehe durch ihre Augen, wenn ich zu viel mache.
Wie schaffst du es die vielen Dingen gleichzeitig zu jonglieren und dabei Zeit für dich zu finden, um neue Energie und Kraft zu tanken?
Ich brauche Zeit allein. Ich brauche Zeit mit meinen Freund*innen. Also priorisiere ich sie. Ich bin eine große Planerin. Ich plane gerne im Voraus und nehme mir Zeit in meinem Terminkalender, damit diese Dinge auch tatsächlich stattfinden. Sonst füllt sich mein Kalender und ist nicht mehr ausgewogen mit all den schönen Dingen, die ich gerne mache.
Founderland ist eine gemeinnützige Organisation, die sich darauf konzentriert, den Erfolg von POC Gründerinnen in Europa und UK zu beschleunigen. Wenn du Interesse hast dich zu bewerben oder mehr über die Mission von Founderland erfahren möchtest, besuche founderland.org
Fotos von Stefanie Raffelsieper
Gemälde von Stephanie und ihrer Tochter von der Künstlerin Alannah Farrell @alannah.farrell.studio